Wie Change Management gelingt​

Zeit für Veränderungen! Doch warum eigentlich?

Stillstand ist bekanntlich der Tod. Und so müssen Unternehmen sich immer wieder neu aufstellen, um im Wettbewerb zu bestehen. Das gilt für große Konzerne ebenso wie für mittelständische Unternehmen – und natürlich auch Start-ups. Der Haken an der Sache: Viele Change-Management-Projekte scheitern und das aus ganz unterschiedlichen Gründen. Wie sie gelingen können – und welche Zutaten es für eine erfolgreiche Veränderung in der Unternehmenskultur braucht, möchten wir in diesem Beitrag darstellen.

Sei es vor dem Hintergrund der Digitalisierung, neuer gesetzlicher Vorgaben, ökologischer Veränderungen oder aufgrund eines veränderten Marktumfelds: Ein Unternehmen muss immer wieder neue Wege gehen. Den Satz „Das haben wir schon immer so gemacht“, kann spätestens nach der Corona-Krise gestrichen werden.

Auch interne Faktoren können Gründe für einen nötigen Wandel sein, zum Beispiel wenn es an Effizienz fehlt, zu viel Geld verbrannt wird oder die Mitarbeiter scharenweise das Unternehmen verlassen.

 

Noch sind sich viele dieser Notwendigkeit nicht bewusst: So fand die Cap-Gemini-Studie „Culture First! Von den Vorreitern des digitalen Wandels lernen“ heraus, dass die etablierte Unternehmenskultur ein Hauptgrund ist, weswegen notwendige Change-Prozesse gar nicht erst angegangen werden. Denn der Change gelingt nur, wenn alle mitziehen. Und das wiederum verlangt eine gelebte Unternehmenskultur.

Ein Beispiel für interne Veränderungen kann die Einführung neuer Software sein, etwa um bislang vorwiegend manuell durchgeführte Prozesse zu digitalisieren. Es nützt dabei wenig, diese zu installieren, eine Einführung in das System zu geben und zu meinen, damit sei es getan. Von dem was dann passiert, dürften Scharen von Unternehmen ein Lied singen können: Die Software wird nur zähneknirschend genutzt, ihr Potenzial nicht voll ausgeschöpft, die Mitarbeiter sind frustriert, weil über ihren Kopf hinweg entschieden wurde, und letztendlich wird viel Geld verbrannt in Form von hoher Fluktuation, einem hohen Krankenstand, vielen internen Reibungsverlusten und Unklarheiten in der Anwendung und langfristigen Planung.

So gelingt der Veränderungsprozess

Bleiben wir bei unserem Beispiel der Software-Einführung. Damit sie genutzt wird und die Ziele erreicht werden – Geld und Zeit einsparen, indem Prozesse gestrafft werden –, müssen unter Umständen neuen Schnittstellen geschaffen werden, die Mitarbeiter erhalten neue Aufgaben, müssen geschult werden und es kommen gegebenenfalls neue Datenschutzbestimmungen hinzu. Womöglich müssen neue Mitarbeiter eingestellt werden, die benötigtes Know-how mitbringen. All das wird nicht von einer Abteilung erledigt – alle sind dabei.

Und Veränderungen lösen Unsicherheiten aus: Wird der Druck höher, werden sich Aufgaben ändern, macht der Job dann überhaupt noch Spaß – und ist mein Arbeitsplatz sicher? Die Mitarbeiter werden sich Fragen wie diese stellen.

Ein erfolgreicher Change muss strategisch angegangen werden. Bewährt haben sich eine Reihe von Change-Management-Modellen, darunter das Drei-Phasen-Modell nach Lewin, dessen Erweiterung, Kotters Acht-Stufen-Modell, sowie das Top-down- und Bottom-up-Modell.

Kotters Acht-Stufen-Modell

John P. Kotter‘s Modell spezifiziert acht Stufen:

  • Bewusstsein für die nötige Veränderung schaffen
  • ein Team aufbauen, das den Wandel verantwortet
  • eine Vision und Strategie entwickeln
  • diese kommunizieren, die Mitarbeiter informieren und überzeugen
  • Bevollmächtigungen schaffen, damit die Mitarbeiter die Strategien umsetzen
  • Ziele und Erfolge sicherstellen
  • erreichte Ziele sichern – und das braucht Zeit – sowie
  • die Veränderungen fest in der Unternehmenskultur verankern

Das Top-down- und Bottom-up-Modell

Das Modell basiert auf der Annahme, dass ein Wandel Top-down durch Vorgaben der Chefetage initiiert oder Buttom-up von unteren Hierarchieebenen angeregt werden kann.

Top-down bedeutet dann: Die Führungsriege plant die Change-Strategie, legt Ziele fest und lebt den anstehenden Wandel vor. Bottom-up kommt aus den Teams: Die Mitarbeiter identifizieren nötige Veränderungen und Verbesserungsmöglichkeiten und geben diese nach oben weiter.

In der Praxis werden meist beide Modelle parallel angewandt – anders ist ein erfolgreicher Change auch nur schwer möglich. Weder können Mitarbeiter allein ohne „Go“ der Chefetage tiefgreifende Veränderungen vornehmen, noch funktioniert es, wenn allein die Bosse entscheiden, wo es hingehen soll, ohne die Mitarbeiter ins Boot zu holen.

 

Ohne Mitarbeiter geht gar nichts

Ohne sie wird das Projekt mit Sicherheit scheitern. Die Mitarbeiter wollen wissen, was auf sie zukommt, was werden ihre Aufgaben sein, welches Ziel soll erreicht werden und in welchen Schritten? Können sie selber Vorschläge machen, Lösungen entwickeln und diese praktisch in ihren Aufgaben umsetzen, bist du schon auf einem guten Weg: Wer mit eingebunden wird, ist Veränderungen gegenüber positiver eingestellt als diejenigen, die von oben angeordnete Anordnungen ausführen sollen – im schlimmsten Fall, ohne dass sie wissen, warum überhaupt.

Die Rolle der Chefetage

Strategien für eine starke Unternehmenskultur entwickeln, Widerstände auflösen, Ziele formulieren: Veränderungen werden von der Chefetage gesteuert, sind aber nur dann erfolgreich, wenn sie von den Mitarbeitern getragen werden. Die wichtigste Aufgabe der Unternehmensleitung ist es daher, den Überblick zu behalten: vor allem darüber, an welchem Punkt sich die Mitarbeiter gerade befinden, aber auch, welche Phase der Umsetzung gerade läuft und was die Teams brauchen, damit es weiter geht. Erfahrungsgemäß lehnen Mitarbeiter Veränderungen erst einmal ab. Die Rolle der Chefetage ist es, dieser Ablehnung einen Raum zu bieten und sie zu reduzieren – etwa indem sie aufzeigt, was passiert, wenn der Wandel ausbleibt, und welche Chancen das Unternehmen und damit auch die Mitarbeiter haben, wenn sie angegangen werden. Ängste ernst zu nehmen und Lösungen zu entwickeln – das sollte für die Chefetage oberste Priorität haben. Die Mitarbeiter am Prozess zu beteiligen und regelmäßiges Feedback von ihnen einzuholen, macht den Veränderungsprozess im Unternehmen aber erst zum Erfolg für alle.

Fehler im Change Management

Viele Change-Management-Projekte scheitern. „Das Problem der meisten Verän­derungsprozesse ist nicht das Wie, sondern das Was“ schrieb das Harvard Business Magazin im Juni 2018. Auch die bestgeführte Transformation habe keinen Erfolg, wenn die falschen Ziele verfolgt würden.

Die häufigsten Fehler beim Change-Prozess

  • Die Ziele sind nicht eindeutig definiert – und niemand weiß, wo die Reise hingehen soll
  • Es fehlt an einer klaren Strategie. Tipp: Eines der genannten Change-Management-Modelle bieten gute Orientierung.
  • Widerstand wird nicht geduldet. Den wird es aber auf jeden Fall geben. Nutzen Sie ihn für Ihre Strategie: die Gegenargumente der Mitarbeiter verraten viel über ihre Bedürfnisse und wie es gelingen kann, den Change durchzusetzen.
  • Das gesamte Unternehmen wird nicht mit einbezogen. Ein tiefgreifender Veränderungsprozess geht jeden an – übrigens bis hin zu Kunden und Partnern.
  • Es gelingt nicht, genügend Fans für den Change zu gewinnen. Wenn der Prozess stockt, brauchst es treibende Kräfte, die die Motivation für die Sache aufrechterhalten.
  • Das Projekt verfügt nicht über die ausreichenden Ressourcen: Fehlt es an Mitarbeitern, Budget oder Zeit, werden Veränderungen scheitern. Sind die Teams jetzt schon überlastet, finden sie kaum Zeit für neue Prozesse – und dürften auch nicht sonderlich motiviert dafür sein. Fehlt es am Budget, bleiben nötige Investitionen auf der Strecke.
  • Die Veränderungen bleiben an der Oberfläche: Change Management sollte zum Ziel haben, die Unternehmenskultur zu verändern – andernfalls werden Veränderungen nicht nachhaltig bestehen bleiben.

Fazit: Die Mitarbeiter „mitnehmen“

Kein erfolgreiches Change Management ohne Beteiligung der Mitarbeiter! Der Change Management-Experte und Buchautor Hans-Joachim Gergs nennt passend dazu die „Etablierung einer positiven Feedback- und Fehlerkultur“ als einen entscheidenden Faktor für das Gelingen des Change-Prozesses und sieht das „Scheitern als Chance“. Dies sei zwar beispielsweise in der Start-up Szene Berlins und schon lange im Silicon Valley angekommen, doch sieht er in Deutschland noch deutliches Verbesserungspotenzial.

Dass einige deutsche Unternehmen aber bereits die Zeichen der Zeit erkannt haben, bestätigt auch Thomas Vollmoeller. Der XING-CEO findet das Feedback seiner Mitarbeiter „extrem hilfreich“ und möchte nicht mehr darauf verzichten. Auch rät anderen Unternehmen, ihre Belegschaft per digitalem Feedback mit in Entscheidungsprozesse einzubinden. Auch Daniel Schütt ist mit seinem Unternehmen diesen Schritt gegangen. Der Gründer und CEO des E-Learning-Portals MASTERPLAN, sieht den Erfolg in der von ihm installierten digitalen Feedbackkultur vor allem darin begründet, dass das „Feedback der Mitarbeiter ernst genommen wird und direkten Einfluss auf Entscheidungen der Geschäftsführung haben kann“.